Kochen mit Köpfchen

Jetzt kommen Sturm und Federweißer ins Glas

Der junge Wein hat Saison! In Österreich genießen Gourmets Sturm, in Deutschland Federroten oder –weißen zu saisonalen Schmankerln. Spritzig, süß und gleichzeitig erfrischend: So schön geht Durstlöschen im Herbst.

Milchig-trüb sieht er aus, fruchtig-süffig schmeckt er und erst einmal im Mund, prickelt er herrlich auf der Zunge. Was den Österreichern der Sturm, ist den Deutschen der Federweißer oder –roter, in manchen Regionen auch Sauser, Rauscher, Bremser oder Bitzler genannt. So oder so: Gemeint ist immer der neue, junge Wein – das allererste Produkt, das Weinliebhaber nach der Traubenlese im Glas kreisen lassen.

Von Genießern Jahr für Jahr im Herbst sehnlichst erwartet, hat der frische Wein nur kurz Saison, darf er doch ausschließlich von August bis Dezember verkauft werden. Und das hat seinen Grund.

 

Kein Most mehr & noch kein Wein – das ist Sturm

Der Sturm oder Federweiße hat keine Geduld: Als Most wird der frisch gepresste Traubensaft bezeichnet, der bereits einige Tage später zu Gären beginnt und sich in Sturm verwandelt. Je nach Traubenart in weißen, roten oder Schilchersturm bzw. in Federweißen oder Federroten. Jetzt erhält der junge Wein auch sein typisches, milchig-trübes Äußeres. Durch die Gärung werden nämlich die Hefepartikel im Getränk aufgewirbelt, die optisch an viele, viele kleine Federn erinnern – daher auch der Name.

Und warum nennen ihn die Österreicher Sturm und nicht Federweißer? Fängt der Traubensaft zu gären an, enthält der so entstandene Sturm noch jede Menge Fruchtzucker, gleichzeitig aber schon Alkohol (ab einem Prozent Alkoholgehalt darf der Ex-Most übrigens schon Sturm genannt werden, aber erst ab vier Prozent verkauft werden). Und was passiert, wenn Zucker und Alkohol gleichzeitig im Magen ankommen? Genau, das Ganze geht ziemlich schnell ins Blut und sorgt so für einen „Sturm“ im Kopf. Geschmacklich unterscheidet sich der Federrote vom Federweißen, indem er etwas herber schmeckt. Schuld daran ist der höhere Gerbsäuren-Gehalt.

Federweißer

Sturm trinken, aber richtig

Rein ins Glas, zum Mund führen, trinken und hinunterschlucken? Ganz so einfach ist Sturmtrinken nicht. Wer Federweißen genießen will, muss ihn besonders behandeln. Die wichtigste Regel zuerst: Das Glas des „ungetauften“ jungen Weins wird immer in der linken Hand gehalten und es wird niemals, aber wirklich niemals, angestoßen. Auch das typische „Prost“ darf man sich getrost sparen. Wem stattdessen ein „Mahlzeit“ oder „Krixikraxi“ über die Lippen schlüpft, ist goldrichtig. In gewohnter Manier wird erst wieder ab Martini, also dem 11. November, getrunken. An dem Tag wird nämlich der junge Wein in Flaschen gezogen und getauft. Prost!

 

Federweißer passt zu …

Ganz klar: Flammkuchen und eher deftigeren Köstlichkeiten wie Wild, Maroni, Kürbis, Gans, der klassischen Brettljause oder etwas mehr fancy – dem Charcuterie Board. Der Federweißer gleicht die Süße mit fruchtiger Säure aus, ist somit der ideale Begleiter für alle kräftigen Herbstschmankerl. Aber auch zum Elässer Klassiker, dem Flammkuchen, passt der Federweiße perfekt. Am besten entfaltet sich das Bouquet des prickelnden Begleiters übrigens im Weißweinglas. Noch ein Tipp zur Lagerung: Am besten hält sich der junge Wein gut gekühlt, allerdings nur ein paar Tage. Dann ist der gesamte Zucker nämlich fast vollständig vergoren und der Sturm wird zum „Staubigen“.

Und: Flasche keinesfalls fest verschließen, das Gärgas sprengt sie sonst. Sturmflaschen sind übrigens auch im Supermarkt nicht dicht verstöpselt. Deswegen unbedingt aufrecht transportieren! Wer die Möglichkeit hat, sollte den Federweißen direkt im Weinbaugebiet genießen. Am besten mit dem Shuttle die Weinstraße entlangkurven, bei den Winzern einkehren oder gleich im Straßenverkauf durchkosten und sich beim Sturmgenuss ein frisches Lüftchen um die Nase wehen lassen.

Speisen zum Wein

Was sonst noch im Sturm oder Federweißer steckt

Der junge Wein schmeckt nicht nur bombastisch, er ist auch noch gesund. Natürlich in Maßen genossen, die Wirkung der Zucker-Alkohol-Kombi sollte man keinesfalls unterschätzen.

Durch die große Menge an Hefe verhilft der Federweiße zu gesundem, kräftigem Haar und schöner Haut. Hefe wirkt zudem blutreinigend und verdauungsfördernd. Sturm sorgt außerdem für gute Laune. Dafür zeichnet allerdings nicht der Alkoholgehalt, sondern der an Vitamin B1 verantwortlich, auch Stimmungsvitamin genannt. Ebenfalls stark vertreten ist das Vitamin B2, oder Riboflavin, ohne das unser Stoffwechsel nicht funktionieren würde. So gesehen ist Sturm lebensnotwendig. Anregend wirkt das prickelnde Getränk auch auf Magen- und Darmtrakt. Deswegen lieber nicht übertreiben und maximal zwei bis drei Gläser täglich genießen.

(02.10.2017/überarbeitet: 04.08.2022))

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