Kochen mit Köpfchen

Welches Ei ist nicht Einerlei

Da hat wer ein Ei gelegt – aber welches? Und wer? Ostern steht vor der Tür und da sind nicht nur die Osterhasen gefragt, sondern auch die Hühner und ihre Artgenossen, die uns mit feinen Ostereiern versorgen. Warum es sich auszahlt, den Hasen vielleicht einmal ein Straußenei verstecken zu lassen, und welche runden Proteinbringer in einer wirklich bunten Eierparade nicht fehlen dürfen, erzählen wir euch in diesem Artikel.

Das Hühnerei – Das unterschätzte Adabei

Am Anfang war das Ei. Oder das Huhn. Wir gehen aber jetzt einmal vom Ei aus. Denn was würden wir ohne das Hühnerei tun? Vielleicht flüssige Kuchen essen, weil der bindende Proteinbringer fehlt? Möglich. Fest steht nämlich, dass auch wenn das Ei in der Küche vielleicht nicht den Status eingeräumt bekommt, den es verdient, man in der Küche nur schwer darauf verzichten kann. Ohne das Tagespensum des Huhns (die Entwicklung eines Eis dauert in etwa 24 Stunden) wären wir kulinarisch zum Teil schon ganz schön aufgeschmissen.

Da wäre zum ersten einmal der Einsatz des Hühnereis als Bindemittel. In der klassischen Küche unabdinglich. Sie binden die Bestandteile von Teigen, Nudelmassen und auch Hackbällchen. Auch so eine Creme Brulée wäre ohne Ei eine ziemlich traurige Angelegenheit. Verantwortlich für die Bindefunktion sind die Proteine im Ei. Die aber erst bei einer gewissen Temperatur zu wirken beginnen. Exakt ab 55 Grad Celsius.

Darunter hat man die Möglichkeit, Eier für den „rohen“ Gebrauch in Tiramisu und Co. zu pasteurisieren. Denn bei Temperaturen unter 55 Grad Celsius werden die Proteine im Ei noch nicht aktiv. Bakterien wie Salmonellen aber abgetötet. Das Ei kann stundenlang bis zu dieser Temperatur erhitzt werden, ohne dass sich Veränderungen in der Konsistenz bemerkbar machen. So kann auch die selbstgemachte Mayonnaise zum Osterschinken in Ruhe emulgieren – ganz ohne Angst vor Salmonellen.

Steigt die Temperatur über 55 Grad Celsius, geht es erst so richtig los: Das richtig gekochte Ei ist nämlich eine Wissenschaft für sich. Beginnend dabei, dass Eiweiß schon bei geringerer Temperatur geliert als Eigelb. Schon mal darüber nachgedacht? – Warum es so unglaublich schwer ist, das perfekte Frühstücksei in seiner idealen Konsistenz zuzubereiten? Die Erklärung: Einem Teil im Ei ist es immer zu heiß oder zu kalt. Daher müsste man Eiklar und Eiweiß für das wirklich optimale Spiegelei streng genommen getrennt voneinander zubereiten. Und das weiche Frühstücksei im Zweischrittverfahren garen: 35 Minuten bei 60 bis 64 Grad Celsius für das Eigelb. Danach für ein bis zwei Minuten ins kochende Wasser tauchen. Das erhitzt das Eiweiß für kurze Zeit auf Idealtemperatur. Soweit die Ei-Wissenschaft. Zum Glück muss man es dann doch nicht immer so genau nehmen. Wobei die uralte Tradition der onsen tamago (Eier aus heißen Quellen) in Japan genau auf diesen Ansatz zurückzuführen ist: Langes Garen bei 60 bis 65 Grad Celsius für die perfekte Dotter-Konsistenz anstatt drei Minuten bei 90 Grad Celsius.

Das Entenei – Potenzieller Methusalem unter den Eiern

Etwas weiter östlich, in China wurde das Ei in einer anderen Tradition zur vielgeschätzten Delikatesse. Und zwar meist das von der Ente. In einer tausendjährigen Version. Wobei diese Altersangabe dann doch eine leichte Übertreibung darstellt. Dennoch: Auch Eier waren vor nicht allzu langer Zeit noch ein saisonales Produkt, so dass es notwendig war sie einzulegen. Auf den Britischen Inseln sind eingelegte Eier auch heute noch eine traditionelle Beilage zu Fish und Chips. Die fortgeschrittene Version des Einlegens in China – so dass ein frisches Enten-Ei zum Tausendjährigen wird, kann man sich in etwa so vorstellen: Zur Fermentation werden rohe Eier in eine nasse Mischung aus Kalk, Salz und Wasser oder auch Sand und Stroh gelegt. Zum Würzen werden zum Teil auch Anis, Teeblätter oder Fenchelkörner in die Masse gemischt. Eingepackt in diesen Brei fermentiert das Ei dann drei Monate vor sich hin. Das Eiklar wird zur gelatinösen bernsteinfarbenen Masse, der Dotter verfärbt sich blau-schwarz, bei weicher, cremiger Textur. Ungekühlt halten diese hiesigen Delikatessen zwar keine tausend Jahre, aber zumindest drei, was auch schon ziemlich beachtlich für so ein kleines Entenei ist. Vorausgesetzt, es wird nicht davor schon mit Sojasauce, Essig und Ingwer verspeist.

Das Straußenei – Der Big-Player unter den Eiern

Bei einem Gewicht von 1,2 bis 1,8 Kilogramm hat der Osterhase schon so einiges zu schleppen, will er ein Straußenei im Gebüsch verstecken. In Hühnereiern gemessen, entspricht das einer Anzahl von 25 Stück. Und auch die Schale ist nicht so einfach zu knacken. Da ist schon einiges an Geschick und vor allem ein Bohrer gefragt, um die harte Schale des Straußeneis zu knacken. Hat man es geschafft, steht einer Eierspeise für eine ganze hungrige Menge an Personen nichts mehr im Weg. Geschmacklich unterscheidet sich das Straußenei allerdings wenig vom Hühnerei. Auch wenn der Cholesterinwert ein wenig geringer ausfällt als beim Pendant der Henne. Nach dem großen Osterbrunch kann die Schale dekorativ, beispielsweise als Lampe, die ein warmes dotterfarbenes Licht wirft, weiterverwendet werden. Unbehandelte Schalen sollen sogar Ungeziefer und Motten aus Wohnräumen fernhalten. Wobei die erste Priorität natürlich dem Genuss und dem nicht zu unterschätzenden Showeffekt eines solchen Eis gilt.

Das Wachtelei – Klein aber oho

Vom Big Player zur Mini-Ausgabe der gut und gerne genossenen Vogeleier: dem Wachtelei. Klein und fein in der Größe aber groß da als Delikatesse zwischen Trüffel und Co. Schließlich besticht nicht nur die filigrane Optik, auch der Geschmack der Eier des kleinen Hühnervogels ist intensiver. Schon Hildegard von Bingen sprach den kleinen, in etwa 12 Gramm schweren, Eiern eine heilende Wirkung zu. Tatsächlich verfügen sie über einen geringeren Cholesterinanteil. Wobei das wahrscheinlich weniger der Grund war, warum sie sogar schon im alten Ägypten als ultimative Delikatesse galten. Auch heute verursachen Wachteleier freudige Ahs und Ohs bei Genießern und machen sich auf so einer Osterjause natürlich besonders gut.

Die Qual der Wahl zwischen einer Menge an schmackhaften Optionen besteht also. Schade wäre es da nur, wenn man gerade zu Ostern allzu ein-eiig unterwegs ist, oder?

Nina Maduixa für Tante Fanny (10.03.2016)

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