Kochen mit Köpfchen

Vegan backen? So geht’s!

Ihr habt uns jede Menge Fragen zum Thema vegan backen gestellt – und die reichten wir weiter an Profi-Koch Daniel. Er erklärt nun, warum Veganismus eine gute Alternative sein kann und worauf es beim veganen Backen ankommt. Plus: Sein gelingsicheres Rezept für veganen Sardischen Mandel-Zitronen-Kuchen. Mmmh.

Gleich vorweg: Danke für die vielen Fragen zum Thema vegan backen! Der Rücklauf hat uns echt umgehauen. Die Antworten vom Koch-Profi Daniel Reiter, Gründer der veganen Ziguri-Kochschule haben wir hier in einem Interview zusammengefasst:

Wie siehst du die momentane Ernährungssituation unserer Gesellschaft?

Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen immer bewusster leben und ihren Körper sowie ihr Umfeld mit Bedacht behandeln. Wir erleben gerade einen wundervollen Wandel und dabei ist die vegane Ernährung eine großartige Möglichkeit, um ethisch, gesund sowie umweltfreundlich in die Zukunft gehen zu können. Es ist sicherlich nicht die Lösung all unserer Probleme aber ein sehr schöner kulinarischer Weg, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Was hat sich seit den Anfängen der veganen Ernährung im veganen Lebensmittel-Angebot im Supermarkt verändert?

Als ich angefangen habe, mich vegan zu ernähren, musste ich noch kilometerweit fahren, um ein Geschäft zu finden, welches zumindest ein kleines Sortiment für meine Bedürfnisse hatte. Mittlerweile bekommt man in jedem Supermarkt einen großen Grundstock an veganen Lebensmitteln und das freut mich sehr. Man merkt, dass sich das vegane Angebot rasant entwickelt hat und stetig wächst.

Viele sind der Meinung, dass ihnen ohne tierische Produkte „etwas fehlt“. Wie siehst du das?

Diesen Satz habe ich schon oft gehört. Es ist auch vollkommen verständlich, denn Essen hat sehr viel mit Emotionen und Erlebtem zu tun. Die meisten von uns sind mit Schnitzel oder vergleichbaren Speisen aufgewachsen. Für viele fällt bei der Vorstellung, sich vegan zu ernähren, gedanklich einiges weg, was normalerweise auf der Speisekarte stehen würde. Deswegen ist es auch gut, dass es eine Auswahl an veganen Alternativprodukten gibt.

Vor allem am Anfang kann man damit viele Menschen abholen. Dass es in der veganen Küche keine Grenzen gibt, zeigte mir einmal mehr folgendes Erlebnis bei einem Catering: Eine Dame, die nicht wusste, dass alle Speisen vegan sind, meinte zu mir, dass das die besten „Fleischknödel mit Bratensoße“ wären, die sie jemals gegessen hätte. Das war für mich nicht nur ein großes Kompliment, sondern hat mir wieder gezeigt, dass es noch unendlich viele Möglichkeiten gibt, um die Menschen mit veganen Speisen kulinarisch zu überzeugen.

Warum hast du die pflanzenbasierte Ziguri Kochschule gegründet?

Kochen und das Arbeiten mit Menschen waren für mich schon immer zwei Konstanten, die mir sehr viel Freude bereiten. Diese Erkenntnis und die bewusste Entscheidung für eine vegane Lebensweise machen mich zu einem passionierten Koch und Gründer der Ziguri Kochschule, welcher mit Begeisterung seine Erfahrungen und das Wissen rund um die pflanzliche Kulinarik teilt.

Daniel Reiter in der Ziguri Kuchschule

Was treibt dich selber an?

Der Wunsch, Neues zu entdecken, neue Wege zu gehen und ein Leben voller Genuss – ohne Kompromisse! In der Gemüseküche mache ich mir viele Gedanken darüber, wie Geschmack entsteht. Der Fisch schmeckt nach Fisch, weil er sich unter anderem von Algen ernährt. Lege ich passendes Gemüse in Nori-Algen ein, so bekomme ich den typischen Fischgeschmack auf meinen Teller. Das und das Wissen um Röstaromen, die Entstehung von Umami und das Spiel mit Konsistenz und Temperatur sind Dinge, die beim veganen Kochen wichtig sind.

Erzähl uns von deinem neuen Projekt, der Ziguri Plant Based Academy.

Der nächste große Schritt ist die Ziguri Plant Based Academy – der Weg zum „Plant Based Chef and Culinary Instructor”. Die unabhängige Academy verfolgt das Ziel, das breite Spektrum der pflanzlichen Küche in Praxis und Theorie zu lehren, abwechselnd an den Standorten Wien, Salzburg, Berlin und Zürich. Ausgerichtet ist die Ziguri Plant Based Academy für Interessierte, die ihr Wissen im Gebiet der pflanzlichen Kulinarik auf ein neues Level heben wollen. Die Academy soll neue Maßstäbe setzen und künftig als Gütesiegel für hohe Qualität in der pflanzlichen Küche stehen. Anmeldungen sind ab jetzt möglich – www.ziguri-academy.com

Woher nimmst du die Ideen für neue Gerichte?

Ich stöbere sehr gerne in Kochbüchern, am liebsten in jenen, bei denen schon die Seiten rausfallen und wo noch Notizen meiner Oma zu finden sind. Ich vermische dabei sehr gerne traditionell mit modern und binde so verschiedenste Einflüsse in meine Kochtechnik ein. Ich lasse mich aber auch beim Einkaufen inspirieren, denn das bewusste Wahrnehmen der Rohzutaten gibt meiner Kreativität die Möglichkeit, sich zu entfalten. Natürlich stöbere ich auch gerne in Fachzeitschriften und schaue mir Kanäle bekannter Köche und Köchinnen an. Doch die meisten Ideen habe ich auf Reisen gesammelt. Die vielen neuen Eindrücke und Geschmäcker, die man so erfahren kann, sind unbezahlbar.

Was macht veganes Essen für dich aus?

Veganes Essen ist für mich das Fabelhafteste, das es gibt! Ich weiß mit jedem schmackhaften Bissen, dass kein Tier meinetwegen leiden musste und mein Körper mit hochwertigen Nährstoffen versorgt wird. Es ist pure Lebensenergie, die an einem wunderschön angerichteten Teller Vollendung findet, ganz gleich, ob pikant oder süß.

Vegan backen mit Kuvertüre

Gerade beim Thema vegan backen herrschen oft Unsicherheiten, was den Geschmack und die Zutaten betrifft. Gibt es denn Besonderheiten beim Backen mit veganen Zutaten? Und was muss ich als Bäcker, der mit veganer Ernährung bisher gar nichts am Hut hatte, grundsätzlich beachten?

Es gibt sehr viele Rezepte und Backwaren, die seit jeher schon vegan waren und so unbewusst Einzug in die heimischen Stuben gefunden haben. Diese Backwaren können auch von allen zubereitet werden, ohne sich zusätzliche Gedanken machen zu müssen. Jemand, der unerfahren ist, sollte mit diesen Rezepten beginnen, vegan zu backen und sich nicht verunsichern lassen. Es gibt viel Neues zu entdecken aber auch sehr viel Altbekanntes zu vertiefen.

Beim Einkauf der Zutaten rate ich, auf die Zutatenliste der Produkte und ein Label, welches rein pflanzliche Inhaltsstoffe kennzeichnet, zu achten. Wenn Zutaten ersetzt werden, dann sollte man sich immer überlegen, was diese in den Backwaren für eine Funktion haben. Das kann ein gewisser Protein- oder Fettgehalt sein oder eine bindende Eigenschaft, die man gerne haben möchte.

Welche veganen Backzutaten hast du selbst immer im Schrank stehen?

In meinem Schrank habe ich eine Auswahl verschiedenster Zutaten, damit ich auch spontan etwas zaubern kann. So habe ich auf jeden Fall Backpulver und Trockenhefe als Triebmittel und verschiedene Mehle wie Type 0 Pizzamehl, Dinkelvollkornmehl und Roggenmehl parat. Ich habe stets Staubzucker, Rohrzucker sowie eine gesündere Alternative wie Dattelsüße daheim. Zudem achte ich darauf, immer Gewürze wie Nelken, Zimt und Vanille und zum Binden von Cremes und Füllungen Puddingpulver und Agar Agar (veganes Binde- und Geliermittel) auf Vorrat zu haben. Soja-, Hafer- und Mandelmilch habe ich auch immer Zuhause. Dazu habe ich ausreichend Bio-Margarine sowie frische Beeren im Tiefkühlfach.

Wie kann ich „normale“ Rezepte in vegane Backrezepte umwandeln? Kann ich die Zutaten 1:1 durch vegane Alternativen ersetzen?

Die Besonderheit beim veganen Backen ist oft die Einfachheit und Leichtigkeit, mit der man gewisse Zutaten ersetzt und trotzdem ein perfektes Ergebnis bekommt. Nimmt man statt Butter die Bio-Margarine und statt Milch eine passende pflanzliche Alternative, so eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Die meisten Zutaten erfüllen einen ganz besonderen Zweck, doch sehr oft ist es so, dass wenn man einfach das ein oder andere tierische Produkt weglässt, das Ergebnis genauso gut, wenn nicht besser, wird. Weil ich so gerne Buchteln mit Vanillesauce esse, habe ich vor Jahren mit meiner Oma an einem veganen Buchtelrezept gefeilt und wir sind bis heute davon begeistert.

Ei ersetzen durch Aquafaba

Eier können beim Backen den Teig entweder binden oder lockern. Wie ersetzt du Eier? Gibt es hier verschiedene Möglichkeiten?

Eier haben im Teig neben der geschmacklichen Komponente natürlich auch einen technischen Sinn. Wenn man Eier ersetzt, sollte man sich immer überlegen, welche Wirkung das Ei im Teig haben könnte. Ich ersetze Eier gezielt. Geht es mir um den Dotter, also die Farbe oder den Geschmack, so nehme ich eine Messerspitze Kurkuma, Schwefelsalz (Kala Namak) sowie einen Esslöffel Olivenöl oder Bio-Margarine. Geht es mir um das Eiklar und fluffige lockere Teige, so nehme ich Kichererbsen-Wasser (Aquafaba), welches ich genauso luftig aufschlage. Möchte ich im Teig eine Bindung erzeugen, so nehme ich Leinsamenmehl.

Es gibt also viele Möglichkeiten, um das Ei im Teig zu ersetzen. Ich achte immer darauf, wie anspruchsvoll der Teig ist und so treffe ich auch die Auswahl meines Ersatzes. Bei einfachen Teigen reicht oft sogar eine Banane oder Apfelmus als Ersatz.

Muss ich vegane Massen (Cremes, Teige etc.) anders rühren?

Vegane Teige, Cremes etc. müssen mit der gleichen Intensität, Technik und Liebe gerührt und verarbeitet werden. Wir haben in den Teigen die identischen Mechanismen, die zu einem erfolgreichen Produkt führen. Sei es die Zeit, welche Mehle brauchen, um das Wasser aufnehmen zu können, das Rasten im Kühlschrank bei Kekserlteigen oder die luftige Lockerheit bei einer feinen Mousse au Chocolat, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Schmecken vegane Süßspeisen anders? Merke ich den Unterschied überhaupt, wenn ich es nicht weiß?

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass man den Unterschied erst dann merkt, wenn jemand etwas bäckt, was er oder sie auch in einer nicht veganen Variante noch nie gebacken hat. Hier kommen oft exotische Zutaten und Ersatzprodukte zum Einsatz, was dazu führen kann, dass das Ergebnis nicht zufrieden stellt. Es gibt sehr viele vegane Rezepte im Umlauf und ich rate immer dazu, erst die Teige zu backen, die man selber sehr gerne hat und kennt. Wenn ich meinen klassischen Apfelkuchen mache, dann bin ich mir sicher, dass dieser auch den Gästen schmeckt. Mit den schon genannten Tipps lassen sich dann mit Leichtigkeit die tollsten Torten und Kuchen backen und niemand wird den Unterschied merken.

Hast du noch ein veganes Backrezept für uns, das auch Anfängern sicher gelingt?

Sehr gerne. Für Anfänger empfehle ich:

Torta di Mandorle al Limone – Sardischer Mandel Zitronen Kuchen

Backrohr auf 180° Umluft vorheizen / Kastenform ausfetten / feine Küchenreibe / 2 Schüsseln

Zutaten:

  • 200 g Mehl
  • 75 g geriebene Mandelkerne
  • 200 g feiner Rohrzucker
  • 1 Päckchen Backpulver
  • 1 Prise Salz
  • 3 unbehandelte Zitronen
  • 130 ml fruchtiges Olivenöl
  • 175 ml Mandelmilch

Zubereitung:

  1. Mehl, geriebene Mandeln, Zucker, Backpulver und Salz in eine Rührschüssel geben und mit einer Gabel gut vermischen. Die Schale von drei Zitronen ebenso hinzugeben und unterrühren.
  2. Zitronen halbieren und den Saft gemeinsam mit dem Olivenöl und der Mandelmilch in die zweite Rührschüssel geben und sehr gut vermengen.
  3. Nun die flüssigen zu den trockenen Zutaten geben und nur so lange verrühren, bis alles gut vermischt ist und keine mehligen Klumpen mehr zu sehen sind.
  4. Kuchenteig in die gefettete Kastenform gießen und 30–35 Minuten im Ofen backen, bis der Kuchen oben karamellisiert und eine dunkel-goldige, bis leicht angeröstete Farbe bekommen hat.
  5. In der Kastenform auskühlen lassen und zu einem Espresso oder Amaretto genießen.

Sardischer Zitronenkuchen vegan gebacken

Wusstest du schon? Die meisten unserer Tante Fanny Frischteige sind vegan. Das erkennst du ganz leicht am gelb-grünen V-Label der Veganen Gesellschaft. Für alle, die gerne auf Vorrat denken: Unsere veganen Teige lassen sich auch einfrieren – so kannst du noch leichter spontan vegan backen und kochen. Hol dir gleich mit diesen veganen Rezepten Appetit!

Bei Daniel Reiter bedanken wir uns sehr herzlich für die praktischen Tipps & Tricks und den kleinen Blick in seine vegane Küche.

(17.01.2022)

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