Kochen mit Köpfchen

Essen & Psychologie

Essen ist viel mehr als satt werden – und daher haben Atmosphäre, Gesellschaft und Co. einen ebenso großen Einfluss auf die spätere Erinnerung, die wir an das jeweilige Schmausen haben werden. Auch der Gastronom kann dabei an einigen Hebeln der Wahrnehmung mit drehen …

Nahrung zu sich zu nehmen ist eine Notwendigkeit. Essen aber, ist Kultur. So heißt es aus schriftstellerischen Kreisen, die sich mit dem Wert von Essen auseinander setzen. Zwischen „satt werden“ und „schmecken“ liegen Welten. Und zwei komplett unterschiedliche Ansprüche.

Auch Professorin der Psychologie Dr. Gisla Gniech meint in einem Interview mit wissen.de: „Bei uns Menschen ist Essen mit angenehmen Assoziationen verbunden. Es symbolisiert neben der Erfüllung des Grundbedürfnisses „Hunger stillen“ auch Wärme und Geborgenheit in der Familie.“ Schließlich heißt es doch auch: „Beim Essen kommen die Leut‘ zamm“.

Essen ist emotional. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Köche beim Erstellen ihrer Menüs an Erinnerungen orientieren. Aus der Kindheit oder von Reisen: Essen ist Inspiration und der Anspruch des Kochs ist es immer öfter, auch den Gast mit Inspirationen zu füttern, beziehungsweise ihm Erinnerungen zu bescheren, an die er gerne zurückdenkt und darum auch gerne wieder kommt.

In interdisziplinären Gesprächen wird dabei der Einfluss der Technik schon lange nicht mehr weg diskutiert: Wird uns das Internet, ebenso wie es uns am Bildschirmrand bereits diverse Looks und Reisen aufgrund unserer getätigten Bestellungen empfiehlt, auch Restaurants nahe legen, die anderen Menschen, die in Restaurant A gebucht haben auch gefallen haben? Und wird es zur Begrüßung einen kurzen Fingerprint-Test geben, der Köche und Gastronomen mit einem Klick auf Allergien und Vorlieben des Gastes hinweist?

Kulturelle Hintergründe und Essen, die dieser in Posts und Co. besonders gelobt hat, inklusive? Alles ist möglich. Noch ist die Zeit nicht reif, doch sie wird mit Gewissheit zeigen, was sie für die Zukunft der Gastronomie noch alles bereit hält.

Essen Psychologie Innenraum Querkochen

Der (Farb-)Ton macht die Restauranterfahrung

Doch auch heutzutage gibt es schon lange Stellschrauben (aus der Psychologie), denen sich Gastronomen bewusst oder unbewusst bedienen. Zum einen wären da die Farben. Denn wie man einen Raum farblich gestaltet, wirkt sich unmittelbar auf unsere Wahrnehmung aus. Auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Doch der Körper ist schon mit Emotionen befüllt, bevor wir nur einen Bissen des Menüs gesehen haben.

Blau steht beispielsweise als Farbe des Meeres und des Himmels symbolisch für Weite, kann aber in zu großem Ausmaß eingesetzt, auch sehr kühl wirken. Gelb hingegen lässt Räume heller und freundlicher erscheinen. Und: Es erhöht die Aufmerksamkeit. Orange regt den Appetit an und strahlt Wärme und Energie aus. Rot wirkt anregend, kann aber in Übermaßen eingesetzt direkt aggressiv machen. Schließlich kommt der Spruch „ich sehe rot“, nicht von ungefähr.

Die Psychologie der Farben ist also ein wichtiger Bestandteil der Restauranterfahrung, die dem Essen allerdings nicht die Show stehlen sollte. Daher sollte man Farbakzente setzen und nicht das ganze Lokal in rot tauchen… Da ist dann nicht mehr viel Platz für andere Eindrücke. Darum sind Brauntöne, sprich Naturfarben, und weiß auch recht beliebt. Weiß an sich wird kein direkter Effekt auf unsere Psyche nachgesagt – vielmehr reflektiert es die umgebenden Farben. Braun wird mit Natur und Bodenständigkeit assoziiert. Runterkommen und das Essen genießen, wollen uns helles Holz und Co. damit also sagen.

Essen Psychologie Farbe Querkochen

Vom richtigen Abstand halten & beruhigenden Klängen

Wie weit sitze ich von meinem Gegenüber, beziehungsweise vom Nachbarn am Nebentisch entfernt? Fühle ich mich hier wohl Privates zu diskutieren, oder weiß es dann jeder bis hin zum Koch am Küchenpass, der am Ende der in Reih und Glied stehenden Tische residiert? Läuft laute Musik, die mich mit Energie versorgt und schon habe ich die Suppe schneller gelöffelt, als ich es eigentlich wollte?

Oder holen mich Ambiente und beruhigende Klänge runter, um mich der Welt, die mich hinter diesen Restauranttüren erwartet, ganz hinzugeben? Das sind Fragen, die sich der Gast unbewusst, der findige Gastronom aber bewusst stellt. Je nach Konzept und gewünschter Verweildauer sind die Sessel bequemer oder eben nicht ganz so kuschelig, die Musik schneller oder gar nicht vertreten um eben nicht abzulenken. Die Farben intensiv und belebend, oder als subtile Unterstützung für den Hauptakteur, das Essen gesetzt. Das alles hat mit Psychologie zu tun.

Wie fühlen sich Serviette und Besteck an? Strahlt der Gastgeber eine natürliche Freundlichkeit aus, die den Gastraum sofort zu meinem zweiten oder sogar ersten Wohnzimmer macht? Was will er mir mit den Gerichten, dem Team, dem Ambiente vermitteln? Verstehe ich es, oder ist es nicht mein Stil in dem es hier am Ende des Tages dann doch noch ums satt werden geht?

Essen ist neben Ernährung, Emotion und Ausdruck. Kommunikation am Teller und daher kann man, wie bei Menschen und Tieren auch – die einen Gerichte und Interpretationen besser riechen als die anderen. Der Volksmund weiß das schon lange: Wohlbefinden und Essen sind eng gekoppelt – Sonst würde einem eine schlechte Nachricht nicht „auf den Magen schlagen“, man in stressigen Situationen nicht die „Zähne zusammen beißen“ und „Liebe nicht durch den Magen gehen.“

Wenn wir also Essen gehen, dann wollen wir im Regelfall nicht nur unserem Bauch, sondern auch der Seele etwas Gutes tun. Oder wussten Sie, dass Vanille in aller Welt deshalb so beliebt ist, weil sie uns unterbewusst an Muttermilch erinnert?

(27.03.2017)

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